In NRW tritt die 'Zweckentfremdungsverordnung' in Kraft. Die Verordnung untersagt die Nutzung von Wohnraum zu anderen Zwecken als zum Wohnen. Auch Leerstand ist nun Zweckentfremdung. Das Wohnungsamt kann eingreifen und den/die EigentümerIn zur Instandsetzung und Weitervermietung verpflichten. Bezüglich der 'Ripse' wird damit gedroht - mehr aber auch nicht.
Die Abschlussveranstaltung der 'Oberhausener Kurzfilmtage' wird 'gestürmt und die Forderungen der BesetzerInnen nach Erhalt und Renovierung der Siedlung vorgetragen. Ausserdem findet das erste Straßenfest an der 'Ripse' statt. Hier können Sie sich einen kleinen Eindruck machen, wie es damals in der Siedlung ausgesehen hat.
Die BesetzerInnen überreichen Thyssen einen Forderungskatalog (Mietverträge, Bestandsgarantie, Renovierung). Thyssen stellt daraufhin einen Abrissantrag, der jedoch abgelehnt wird. Da die Siedlung 1945 mit öffentlichen Geldern wiederaufgebaut wurde, muss nun das Regierungspräsidium (RP) in Düsseldorf über den Abrissantrag entscheiden. Die Bevölkerung solidarisiert sich mit den BesetzerInnen. (WAZ-Artikel vom 21.7.81)
VertreterInnen des RP besichtigen die Siedlung und lehnen im April 1982 endgültig den Abriss ab. Ausserdem wird das 1-jährige Bestehen der Hausbesetzung mit einem grossen Gartenfest gefeiert.
Die 'Ripse' ist 2 Jahre besetzt. Nach einem ruhigen Jahr - Thyssen und die Stadt unternehmen nichts gegen die Besetzung - findet ein grosses Gartenfest statt.
Das Stromnetz der Siedlung wird von Werksstrom auf die Städtische Energieversorgung umgestellt. Die EVO installiert neue Stromanschlüsse und Leitungen. An ein Datennetzwerk hat damals leider noch keiner (in Worten: niemand) gedacht.
Thyssen beginnt, ausgestattet mit 8000 DM pro Wohneinheit, mit den dringensten Instandsetzungsarbeiten mit dem Schwerpunkt Ripshorster Straße (Türen, Fenster, Dachrinnen). Die Lokalpresse berichtete.
Der Renovierungseinsatz seitens Thyssen erweist sich als Strohfeuer. Bis heute (1999) passieren an der 'Ripse' nur auf massiven Drängen der BewohnerInnen äußerst schleppende, minimalste Renovierungsmaßnahmen.
Die 'Ripse' wird wiederentdeckt - als Störfaktor. Die TripleFiveCorporation will auf der angrenzenden Industriebrache ein 'World Tourist Center' eröffnen. Die Stadtoberen fliegen zu Besichtigungen nach Kanada.
Währenddessen läuft in der Presse eine Hetzkampagne gegen die Siedlung und ihre BewohnerInnen. Erneut werden Überlegungen angestellt, die Häuser abzureissen.
Die Internationale Bauausstellung Emscherpark (IBA) beginnt mit ihrem zehnjährigen Förderprogramm zur 'nachhaltigen Erneuerung' der Emscherregion. Die modellhafte Erneuerung von Arbeitersiedlungen wird ein Schwerpunkt. An der 'Ripse' wird auf den Höfen und im Garten ein Siedlungsfest mit mehreren Live-Bands gefeiert. Motto: TRIPLE LIVE
RIWETHO e.V. stellt in Arbeitsgesprächen bei der IBA einen Projektantrag. Im Rahmen eines innovativen Wohnprojektes sollen soziale, kulturelle und ökologische Ansätze wesentliche Bestandteile eines zukünftigen Wohnens an der Ripshorster Straße bleiben - bzw. werden.
Die lokale Politik ist der Siedlung gut gesonnen (WAZ vom 8.2.91).Es findet ein städtebaulicher Grundsatz- und Ideenwettbewerb der Stadt Oberhausen für eine Wohnbebauung oder alternative Gewerbeansiedlung an der Ripshorster Straße statt. Alle Fachpreisrichter und beteiligten Planungsbüros fordern den Erhalt der Siedlung. Erster Preisträger ist das Büro Grünecke mit dem Beitrag der Arrondierung der bestehenden Wohnbebauung unter dem Motto 'Einfach und selber bauen' mit ca. 70 weiteren Wohneinheiten.
Die Planung eines Einkaufzentrums Gartenstadt Oberhausen wird bekannt. (später wird der Terminus in 'Neue Mitte' geändert.) Die anstehenden Planungen für das größte Einkaufszentrum der Bundesrepublik nach Vorbild einer amerikanischen 'mall' legt die Wohnbauplanungen an der Ripshorster Straße zunächst wieder auf Eis. Der Düsseldorfer Stadtplaner Jochen Kuhn, zuständig für den Städtebau im Bereich 'Gartenstadt':»Die Häuser können erhalten bleiben, aber da müssen andere Bewohner rein oder die Bewohner müssen sich anders verhalten.« Gleichzeitig möchte die FDP eine "Leichtbausiedlung" für Asylbewerber in Siedlungsnähe errichten.Den Ideenwettbewerb (siehe oben) würde man am liebsten totschweigen. Der Stadtrat ist geteilter Meinung. Die angedachte Präsentation der Ergebnisse durch den OB wird jedenfalls zurückgefahren. Die Wettbewerbsergebnisse verschwinden in der Schublade.
Lesen Sie zu diesen Eskapaden auch den Pressespiegel Juli '91 mit Kommentar und Leserbriefen.
Erneute Hetzkampagne der Stadt bzw. der Presse gegen die BewohnerInnen der 'Ripse'. Drescher: »Die Häuser waren von Müllbergen garniert, unangemeldete Autos standen als Schrotthaufen herum.« Okay, Recycling hat auch seine Grenzen...
1. Bürgerversammlung zur 'Gartenstadt Oberhausen' im 'Blue Moon'. Die ca. 52 von RIWETHO e.V. vorgebrachten Fragen konnten von den Stadtoberhäuptlingen nur unzureichend beantwortet werden ...
Frühling 1992
Es werden überraschend drei Häuser an der Ripshorster Straße neu eingedeckt. Es stellt sich heraus, dass Thyssen bereits in den 80er Jahren erhaltene Landesgelder wohl doch noch ausgeben mußte. Und so ging es am schnellsten, auch wenn das Geld sinnvoller hätte eingesetzt werden können. (z.B. Dachrinnen Werkstraße etc.)
Die Ausstellung 'Industrie im Bild - Umfeld Neue Mitte' gibt Anlass zur Aktion. Die Eröffnung wird unterbrochen mit dem Hinweis auf ein weiteres - hier fehlendes - Baudenkmal: die Siedlung 'Neu Oberhausen'. Ausserdem wurde das BÜRGERFORUM für alternative Planungen des ehemaligen Thyssengeländes an der Essener Straße mitbegründet.
Protestaktion auf der Osterfelder Straße (Totalsperrung) gegen unmenschliche Unterbringung von AsylbewerberInnen in Zelten(!) an der Osterfelder Straße. Gemeinsames Grillfest im Regen.
Ein Bewohner klagt gegen die 'Neue Mitte', die wie vormals TripleFive eine Bedrohung für die Siedlung darstellt. Man konnte zudem auch noch andere Ausdrucksformen des Protests beobachten.
Die Klage wird abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entscheidet, dass Wohnen hier nur für die Beschäftigten des benachbarten Stahlwerks zulässig ist.
Diese Entscheidung veranlasst den Oberstadtdirektor Drescher zu der Aussage: »Das Wohnen dort ist baurechtlich nicht legalisiert. Wenn die Häuser stehen bleiben, müssen Maßnahmen an ihnen getroffen werden.' (Ratssitzung 25.5.94) Dies geschieht jedoch hinter den Kulissen. Die Öffentlichkeit und große Teile der Politik werden nicht informiert.
Eine der UreinwohnerInnen der Siedlung verstirbt. Die Wohnung wird trotz intensiver Bemühungen nicht neu vermietet. Die letzte Hausbesetzung an der 'Ripse' (Werkstarße 16) beginnt. Thyssen lehnt zunächst einen Mietvertrag ab und prozessiert gegen die BesetzerInnen.
Die Stadt Oberhausen richtet als Reaktion auf das OVG-Urteil eine Ordnungsverfügung an Thyssen, die es Thyssen untersagt, frei werdende Wohnungen neu zu vermieten.
Die Stadt Oberhausen genehmigt den Abrissantrag, obwohl das komplette Haus noch bewohnt ist. Die Öffentlichkeit wird nicht informiert. Einige Tage später - 14 Tage vor der Landtagswahl - sickert es doch durch, dass maßgebliche Leute in Politik und Verwaltung den Abriss durchziehen wollen.
Das löst bei der Bewohnerschaft der Siedlung eine Welle von Aktionen aus, die ab April '95 ausführlicher dokumentiert ist:
Mobilisierung der Öffentlichkeit
Die markantesten Punkte haben wir jedoch auch im folgenden aufgelistet.
Mai - Kundgebung Ebertplatz mit Stellwänden und Flugblättern. Produktion eines Videos über Oberhausener Sozialdemokraten: Dammeyer, Schleußer, Groschek u.a. zeichnen düstere Bilder über die Zukunft der Siedlung aus Sicht der BewohnerInnen.
wurde eine Protestaktion bei der Abschlußveranstaltung der INTERNATIONALEN KURZFILMTAGE initiiert. OB van den Mond brach brüskiert seine Rede ab. Zur Vertiefung sehen Video und Pressespiegel zu diesem Anlass.
Termin mit dem Planungsdezernenten Oberhausen. Der sieht z. Z. keine positiven Handlungsmöglichkeiten. Oberstadtdirektor Drescher zieht die Sache an sich. Ein Denkmalschutz wird es aus Sicht der Unteren Denkmalbehörde Oberhausen nicht geben.
Ratssitzung mit Aktueller Stunde zur Situation im Wohngebiet Ripshorster Straße auf Antrag der GRÜNEN Ratsfraktion. Der ObStd. erklärt, den Abrissantrag genehmigt zu haben. Der WDR filmt während der Aktuellen Stunde. Noch am gleichen Tage wird die überregionale Presse informiert.
In den Tagen zuvor beschließt die SPD Oberhausen einstimmig auf der Bielefelder Klausurtagung, Lösungen für den Erhalt der 'Ripse' zu prüfen. Die NRZ berichtet ausführlich. Wir müssen natürlich nachhaken.
Die Zeit der "Runden Tische" beginnt - Drescher bemüht sich auf Landesebene um Lösungen. Auch die überregionale Presse ist aufmerksam geworden. Die Zeit v. 9.6.95, Marabo 7/95, Radio und Fernsehn berichten...
Die unter den BewohnerInnen unserer schönen Siedlung schon länger keimende Idee, eine Wohnungsgenossenschaft zu gründen und die Häuser selbst zu kaufen, war gar nicht mehr so weltfremd und erste Beratungsgespräche mit ConsultTeam wurden geführt.
Gespräche mit der IBA über eine Wohnungsbauergänzung an der 'Ripse' mit Holzhäusern. 'Ripse' nun doch in naher Zukunft ein Projekt in der IBA? Für den nächsten Termin im März: Vorbereitung der Investitionssummen und entstehender Mietbelastungen sowie mögliche Eigentumsvarianten. Die NRZ berichtet über unser Bebauungskonzept.
Termin mit der IBA. Bei der Gesprächsrunde mit Thyssen (Lampe/Vorstand u. Ziegler), der IBA (Ganser u. Beyerlorzer) und der Stadt O. wurde ein Verkauf der Siedlung abgelehnt. Auch eine zeitlich befristete Verpachtung der Häuser über einen Zeitraum X zur Erhaltung der Nischenfunktion wird abgelehnt. Thyssen zeigte sich trotz weitgehender finanzieller Zusagen nicht gesprächsbereit für eine ergänzende Bebauung. Beibehaltung des status quo. Als Begründung hält das noch existierende Stahlwerk her, die Konzernspitze (Thyssen Stahl) will keine Änderung.
Dass Thyssen wirklich nichts für die Siedlung übrig hat und sie am liebsten bis zur Denkmal-un-würdigkeit "sanieren" täte, belegt die Zementputzposse an einem Haus auf der Werkstraße.
Zwischen E-Stahlwerk und Ripshorster Straße will die Deutsche Fertigbau Logistik AG eine Siedlung aus Musterhäusern (zum Probewohnen) errichten. Fünf Häuser sind gefährdet, was uns ein halbes Jahr in Atem halt. Nicht zuletzt ein 100-seitiges Fax unsererseits an den Deutschen Ring, einen der Geldgeber, verhinderte dieses. Der Pressespiegel: "Homeworld"
Die 1995 aufgekommene Idee einer Genossenschaftsgründung zwecks Ankauf unserer Siedlung setzt sich durch und es werden unzählige Informations- und vor allem Verhandlungsgespräche geführt. Das Hin und Her der beteiligten Ministerien, Ämter und Unternehmen war unbeschreiblich. Und bedeutete f¨r die vier bis sechs "Führungskräfte" der RIWETHO eG. drei Jahre mühseliges Arbeiten und Haareraufen, ohne Freizeitausgleich und ohne die Gewissheit, dass der Ankauf letztendlich auch getätigt werden kann.